Liebe Freundinnen und Freunde von Kamboo Project
Traditionell ist ja nun die Zeit für Jahresrückblicke und Bilanzen. Wir schauen aber in diesem Newsletter erst einmal auf die Monate September, Oktober und November 2021 zurück. Ein bisschen längerfristige Bilanz ist schon dabei. Aber im Grunde interessiert uns zu jeder Jahreszeit das Gleiche. Nämlich: Geht es denn voran mit unseren Projekten? Wo wir uns doch, wir machen einmal eine Anleihe in den aktuellen wirtschaftlichen Analysen, in einem „schwierigen Umfeld“ bewegen. Die erfreuliche Antwort, wir wollen es hier gar nicht unnötig spannend machen: unbedingt ja!
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Beginnen wir damit: Gegen den (vermeintlichen) Trend – Die finanzielle Basis und Absicherung unseres School Hygiene and Improvement Programme, kurz SHIP, war in der Pandemie nie gefährdet. Im Gegenteil, Spendeneinnahmen und Unterstützung haben 2021 sogar Fahrt aufgenommen.
Für alle, die unseren Newsletter vielleicht zum ersten Mal lesen (die anderen dürfen die folgenden beiden Absätze gerne überspringen): Das Kamboo Project ist mit drei Programmen in kambodschanischen Schulen aktiv. Wir fördern und unterstützen Bau und Instandsetzung von Schulanlagen mit einem Schwerpunkt bei der Nachhaltigkeit der Projekte. Zum zweiten kümmern wir uns insbesondere um Trinkwasser und sanitäre Anlagen, gerade in den Schulen, und zum Dritten um den sehr weit gefächerten Bereich der Bildung. Die Spannweite reicht von Papier und Schreibwaren über Lernmaterial bis zu Fahrrädern. Davon wird weiter unten noch die Rede sein. Was wir tun und anstossen, auch das freut unsere Teams hier in der Schweiz und vor Ort, reicht inzwischen weit in die Familien und die Kommunen hinein.
Aber zurück zu SHIP. SHIP ist immer ein integraler Bestandteil der ersten beiden Programme, das heisst, wir verknüpfen immer die Aufwertung der Gebäude und sanitären Infrastruktur einer Schule mit einer fortlaufenden Hygieneschulung. Verantwortlich für die Umsetzung der Verhaltensschulung sind die Lehrpersonen der betreffenden Schule. Waschbecken und Handwaschstationen, die weiteren Sanitäranlagen, Hygieneschulungen und Workshops und selbst so einfache Dinge wie Zäune um Schulen scheinen aus unserer europäischen Sicht so selbstverständlich, dass wir leicht aus dem Auge verlieren, wie essenziell wichtig sie vor Ort sind. Sie geben Sicherheit und machen den eigentlichen Bildungsbetrieb erst möglich.
Im November sind es neun Schulen, die am SHIP teilnehmen. Aufmerksame Newsletter-Leser:innen bemerken: seit September 2021 sind drei Schulen dazugekommen. Wir haben den Schulen, das heisst den Lehr- und Leitungspersonen, das Programm in Orientierungs-Workshops ausführlich online vorgestellt. Vor der Wiederöffnung zum neuen Schuljahr am 1. November haben die Neuzugänge im Programm ihre Zusammenarbeit mit uns schriftlich bekräftigt und ihre eigene aktive Mitwirkung zugesagt. Diese aktive Rolle der Schulen selbst ist der Kern von SHIP. Wir helfen bei der Ausstattung, unterstützen mit Hygiene-Trainer:innen, aber vor allem schulen wir die Lehrer:innen, die das Programm täglich mit Leben erfüllen und die Lernenden anleiten und motivieren.
Die Schüler:innen lernen dabei viel über Hygiene und können, genauso wichtig, das richtige Verhalten einüben und verfestigen. Bisher haben wir zwölf Handwaschstationen in sechs Schulen der Primarstufe gebaut, in drei Schulen haben wir Toiletten installiert, in einer Schule haben wir die Toilettenanlagen instandgesetzt. 15 Prozent der Kosten übernimmt jede Schule selbst, und nach der Fertigstellung auch die Verantwortung für die Anlagen und für das Programm insgesamt. Die Schulen machen SHIP damit zu ihrem eigenen Projekt. Und sie tun das mit grossem Einsatz.
Die Abfallentsorgung ist ein weiterer wichtiger Aspekt von SHIP. Schulen in den ländlichen Regionen Kambodschas tun sich oft schwer damit, ihre Abfälle für ein Recycling zu trennen. Und das ganz einfach, weil ihnen das Budget auch für einfachste Ausrüstung auf dem Campus fehlt. Wir haben Abfallbehälter an „unsere“ neun Schulen verteilt, aber nicht fix und fertig: Bild und Text zur Beschriftung waren Sache der Schulen, die damit die Behälter sozusagen in ihren Besitz genommen haben. Papier, Kunststoff und Restabfall: Inzwischen wissen die Schüler:innen genau, was es damit auf sich hat.
Was haben Fahrräder mit Schulbildung zu tun? Sehr viel. Schulwege in Kambodscha sind oft beschwerlich, öffentliche Transportmittel gibt es nicht überall, und nicht selten entscheidet der Weg darüber, an wie vielen Tagen ein Kind in die Schule kommen kann, oder ob es überhaupt kommt. Wir haben erst im letzten Newsletter darüber berichtet. Schon 2020 hat woom uns mit einer sehr schönen Spendenaktion unterstützt, die das Unternehmen „Bells for a Better Life“ getauft hat. Der Hersteller von Kinderfahrrädern verkaufte in Österreich in seinem Online-Shop Fahrradklingeln, deren Erlös an Kamboo Project ging. Inzwischen haben sich auch einige Fahrradhändler in der Schweiz mit Spendenaktionen beteiligt, nachdem sie über woom von uns erfahren haben.
Wie im Jahr zuvor haben wir bei unseren Schulen angefragt, welchen Kindern ein Fahrrad besonders helfen würde. Unser kambodschanisches Team hat dann die Familien besucht, und tatsächlich konnten wir allen diesen Schüler:innen ein Fahrrad versprechen. 35 haben wir schon übergeben, der Rest folgt bis Ende des Schuljahres. Natürlich alle mit Klingel. Wir danken ganz herzlich!
Spendenaktion? Läuft – auch ohne Marathon. Ursprünglich wollte unser kambodschanisches Team, nicht alle, nur die eher Sport-affinen, am Angkor Half Marathon teilnehmen, um mit den Kilometern auch einige Spenden zu erlaufen. Der Marathon fiel aus, coronabedingt, aber gelaufen wurde trotzdem. Am Strand, 10 selbstverständlich sorgfältig abgemessene Kilometer, während der jährlichen Klausur auf Kong Roh Island. Drei Teammitglieder waren die Aktiven beim Kamboo Project Running Event, verdient haben sie damit den Gegenwert von beachtlichen 200 Päckchen mit Schulausstattung, jeweils ein Rucksack, Schuhe, Bücher, Papier und Stifte. Den Berichten nach hat noch einige Tage lang ein Muskelkater eindrücklich an die gute Tat erinnert.
Bereits im Oktober 2020 haben wir mit den Mitteln eines neuen Sponsors, der South East Asia Foundation, zum ersten Mal Lebensmittelmittelpakete an Schüler:innen im Distrikt Prasat Bakong verteilt. Lebensmittelhilfen sind eigentlich nicht Teil unserer selbstgesetzten Mission, aber wo Hilfe nötig und Mittel vorhanden sind, ist es richtig, dass wir das unsere beitragen. Wir haben ausserdem mit Mönchen der Tempel Wat Kesararm und Wat Domnak zusammengearbeitet, die Lebensmittelpakete an die Dorfbewohner rund um den Tonle-Sap-See und an Familien im Bezirk Kleang in der Provinz Kampong Thom weitergeleitet haben.
Diesen November haben wir uns mit The Together Project (TTP) zusammengetan, das die bedürftigsten Menschen mit den dringendsten Nahrungsmitteln versorgt. Das TTP ist eine erst 2019 gegründete Unterorganisation der kambodschanischen Nichtregierungsorganisation Rural Schools Support Organization und versucht, mit Hilfe vor allem US-amerikanischer Spenden die Lebensmittelversorgung in der Covid-19 Pandemie für die Familien aufrechtzuerhalten, die massiv von Hunger bedroht sind. Jetzt haben wir die Zusage, dass wir vom TTP mit einem Zuschuss unterstützt werden, mit dem wir drei weitere Monate Lebensmittelhilfen finanzieren können. Zusammen mit den Lehrer:innen wählen wir die bedürftigsten hundert Schüler:innen aus. Leider übersteigt der Bedarf an Nahrungsmittelhilfe bei weitem unser Budget, aber wir tun unser Möglichstes, um die Bedürftigsten zu ermitteln.
Im Juli 2021 haben wir von der Human and Hope Association erfahren, einer lokalen Nichtregierungsorganisation, die ein spannendes Projekt zur Lebensmittelversorgung aus dem eigenen Garten durchführt. Das Projekt passt auch zu den Familien unserer Schulen und könnte helfen, die Einkommensverluste und die Nahrungsmittelknappheit in der Pandemie wenigstens ein bisschen abzufedern, dachten wir uns. Und haben den Kontakt gesucht. Unsere Zusammenarbeit haben wir mit einem Pilotprojekt gestartet. Die Human and Hope Association hat mit kostenlosen Schulungen und Unterstützung bei Anbaustrategien für die Lebensmittelversorgung aus dem eigenen Garten oder Feld begonnen, die den Familien der Schüler:innen unserer Schulen wertvolle Starthilfen gegeben hat. Wir haben im Juli durch den Kauf von Saatgut für fünf Familien die Praxisphase gestartet und besuchen und beraten die Familien regelmässig. Das Pilotprojekt generiert genug Nahrung für etwa 30 Personen, und ein Teil der Früchte kann sogar noch auf dem Markt verkauft werden, um ein kleines Einkommen zu erzielen.
Wir stärken mit dem Garten-Projekt unsere Verbindung in die Gemeinden und sehen, dass diese Hilfe zur Selbsthilfe sehr gut wirkt. Allerdings haben wir derzeit auch nur begrenzte Möglichkeiten, neue Spender zu finden und anzusprechen, so dass die Mittel für das Projekt im Moment sehr knapp sind. Einen Teil der finanziellen Unterstützung des TTP (siehe oben) können wir für das Gartenprojekt einsetzen. Das Budget wird für etwa 20 Familien reichen.
Zusätzliches Geld für das Gartenprojekt stammt aus den Spendenboxen aus sieben Geschäften in Siem Reap. Wir haben die Spendenboxen schon in einem früheren Newsletter erwähnt, und wer sich fragt, was aus ihnen geworden ist: Sie werden tatsächlich gut angenommen und von den Kunden mit kleinen Summen gefüttert. Unser herzlicher Dank an die Ladenbetreiber, die die Spendenboxen in ihrem Geschäft aufstellen.
„Was daraus geworden ist“ fragen sich sicher auch viele, die sich noch an unseren Bericht über das Geberit-Sozialprojekt aus dem Jahr 2019 erinnern. Das Schweizer Unternehmen hatte Schulgebäude und Sanitäranlagen für die Arranh Rangsey Primary School finanziert und gebaut, teils mit tatkräftiger Hilfe von Auszubildenden des Unternehmens, die dazu nach Kambodscha gekommen sind. Die Schule ist seither aufgeblüht, die Schülerzahlen sind gestiegen, die Analphabetenrate ist gesunken, die Zahl der Krankheitsfälle hat sich auf ein Minimum reduziert. Alle haben Geberit und die Auszubildenden in bester Erinnerung und wünschen sich, sie bald wieder in Kambodscha begrüssen zu dürfen.
Über den kurzfristigen Projekten vergessen wir nicht die kommenden Generationen. Das Team von Kamboo Project hat sich an einer grossartigen Aktion mit den Grundschulen in unserer Gegend beteiligt, mit denen die Schüler:innen ihre Verantwortung für die Umwelt und die Zukunft zeigen: Sie pflanzen Bäume. Wir wollen im nächsten Jahr am Earth Day eine eigene Veranstaltung in unseren Gemeinden durchführen, für die wir noch die finanziellen Mittel benötigen. Wir planen, mit dem Umweltministerium zusammenzuarbeiten und hoffen, Baumsetzlinge zu einem ermässigten Preis zu bekommen. Und wir setzen auf eine breite Beteiligung aus den Gemeinden, über die von uns unterstützten Schulen und Lernenden hinaus.
Statt eines Fazits möchten wir dieses Mal unseren Newsletter mit unserer neu formulierten Vision und Mission beschliessen. Wir haben sie aktualisiert, mit Blick auf unsere tatsächliche Arbeit, und vor allem den Fokus stärker auf das Team und die Arbeit vor Ort gelegt. Kurz und prägnant ist es geblieben:
Unsere Vision:
Kambodschaner arbeiten zusammen, um die Grundbedürfnisse von Kindern zu erfüllen.
Unsere Mission:
Wir kombinieren Spenden und ehrenamtliche Arbeit mit einem engagierten Team in Kambodscha, um Kindern das Lernen in einem sicheren Umfeld zu ermöglichen. Wir nutzen unsere umfassenden Kenntnisse der lokalen Bedürfnisse und bauen eine effektive Zusammenarbeit mit Lehrer:innen, Eltern und Gemeinden auf, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.
Danke für Euer Interesse, bleibt gesund und eine gute Zeit vor den Festtagen wünscht Euch
Euer Kamboo Project Team