Liebe Freundinnen und Freunde von Kamboo Project
2021 ist eines von den Jahren, für die man nur schwer planen kann. Das kann man enttäuschend finden, weil die langfristig angelegten, sorgfältig ausgearbeiteten Programme einfach nicht so umzusetzen sind, wie gedacht – und vorausschauende Planung ist ja tatsächlich eines der Markenzeichen von Kamboo Project. Natürlich ist es die Pandemie, die uns einen Strich durch unsere schönen Rechnungen macht. Es geht aber auch anders, wenn nichts ist, wie es sein sollte. Wo sind die Chancen, wie können wir es doch noch hinbekommen, haben wir uns gefragt. Und es geht tatsächlich!
Unser auf zwei Jahre angelegtes Hygieneprogramm SHIP (School Hygiene Improvement Program) läuft weiter, unter etwas anderen Vorzeichen, aber ohne Unterbrechung. Das Programm lehnt sich an die Wasser-, Sanitär- und Hygienestrategie WASH des kambodschanischen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport an und hilft bei dessen konkreter Umsetzung. Wir konnten viele geplante Aktivitäten noch vor den pandemiebedingten Schulschliessungen durchführen; seitdem ist es uns wichtig, die Kontinuität zu wahren und das Programm und die Kontakte nicht abreissen zu lassen. Teils gelingt uns das mit Online-Meetings mit den Lehrern, die in den Schulen für das Programm Verantwortung übernommen haben, teils mit persönlichen Besuchen in den Familien der Schulkinder, natürlich nur da, wo es die Lage und die aktuellen Vorschriften erlauben.
Bei den Besuchen geht es dann zum Beispiel um individuelle kleine Hygiene-Übungen – das hilft sehr, das Bewusstsein aufrecht zu erhalten und die täglichen Routinen zu festigen. Etwas über 3000 Schülerinnen und Schüler haben inzwischen das SHIP-Hygienetraining mitgemacht, mehr als 100 Lehrerinnen und Lehrerhaben eine Schulung durchlaufen, die sie in die Lage versetzt, mit ihren Klassen entsprechend zu arbeiten.
Nicht anders als in Europa versuchen die Behörden in Kambodscha, die Corona-Fallzahlen möglichst klein zu halten. Um die Mitte des Jahres mussten wieder Schulen schliessen, und in den von Corona betroffenen Regionen gelten anlassbezogen auch immer wieder strikte Reise- und Bewegungsbeschränkungen. Wir hatten schon 2020 versucht, die Kontakte zu den Schülerinnen und Schülern und ihren Familien auf anderen Wegen zu suchen, und das hat auch sehr gut funktioniert. An diese Erfahrungen konnten wir 2021 direkt anknüpfen.
Schon zu Anfang des Jahres war in Kambodscha vielerorts die Versorgungslage sehr schlecht, weil die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung die Bevölkerung in den Dörfern von Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten und vom Zugang zu Grundnahrungsmitteln abgeschnitten haben. Gleich im Januar haben wir 30 Care-Pakete für Schülerinnen und Schüler der Boeun Chum Primary School zusammengestellt und in die Schule gebracht. Die Grundschule gehört zum Dorf Beong Chum und liegt etwa 40 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt.
Der finanzielle Aufwand für die Pakete ist nicht sehr hoch, die damit geleistete Hilfe aber wertvoll und in den Familien hoch willkommen. Neben den Lebensmitteln haben wir tragbare Handwaschgeräte verteilt und unseren Tag in der Schule mit einer ausführlichen Hygieneschulung für die Schulkinder und die Familien genutzt. Grosse grüne und blaue Wasserbehälter mit einem fest verschliessbarem Deckel und einem Wasserhahn machen es den Familien sehr viel einfacher, mit Hilfe eines kleinen Wasservorrats grundlegende Hygieneregeln einzuhalten, wo die Infrastruktur fehlt. Wirkungsvoll sind diese Low-tech Massnahmen allemal.
Wir haben ähnliche Aktionen in den Dörfern Momeanh und Anlong Pi wiederholt. In beiden Dörfern gibt es von uns betreute Schulen, die nötigen Kontakte waren also vorhanden. Besonders Anlong Pi war von starken Einschränkungen betroffen, unter anderem von Reiseverboten. Damit war auch der Weg zur täglichen Essensunterstützung versperrt. Weil unser Team vor Ort natürlich auch nicht in der Region unterwegs sein durfte, haben wir in diesem Fall die Lebensmittel für die bedürftigsten Familien an die örtlichen Behörden übergeben, die dann für die Verteilung gesorgt haben. Dafür geht unser grosser Dank auch an die Mitarbeitenden dort, die an vorderster Front stehen und keine leichte Aufgabe haben.
Nicht mehr ganz Low-tech wie unsere mobilen Handwaschgeräte sind die Velos, die Kamboo Project zum dritten Mal an Schüler und Schülerinnen der Phum Steung Grundschule ausgegeben hat. Was die Fahrräder den Kindern bedeuten, sehen wir in den vielen positiven Rückmeldungen, die wir bekommen. Öffentlichen Nahverkehr und Schulbusse gibt es im ländlichen Kambodscha praktisch nicht. Die Schulwege werden mit dem Velo kürzer, die Kinder sind ausgeruhter und daher die Leistungen in der Schule besser oder der regelmässige Schulbesuch überhaupt erst möglich, und auch abseits der Wege von und zur Schule sind die Velos im Alltagsleben ausserordentlich hilfreich. Natürlich, nicht ganz unwichtig, sind die Kinder sehr stolz auf ihre Räder, die sie über die Grund- und Sekundärschulzeit benutzen können. Nicht zuletzt sind die Räder ein sehr deutliches Zeichen dafür, wie wichtig Schulbildung ist.
Die Fahrräder werden übrigens grundsätzlich vor Ort beschafft. Das ist sehr viel preiswerter, als gespendete Velos nach Kambodscha zu transportieren; wir kalkulieren mit etwa 50 US-Dollar Beschaffungskosten pro Rad, so dass wir mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sehr viel mehr bewirken können. So bleibt ausserdem mehr Spendengeld in der Region, aber wichtiger ist vermutlich, dass die Räder keine in Kambodscha schwer erhältlichen Ersatzteile und Wartungs-Know-how benötigen. Alles, was es braucht, um die Velos in Schuss zu halten, gibt es vor Ort. Schliesslich sollen sie den Schulkindern lange Zeit Freude machen und ihr Leben erleichtern.
Auch wenn uns bei unserer Arbeit vor allem wichtig ist, was wir vor Ort bewirken, freuen wir uns, wenn wir gesehen und anerkannt werden. GlobalGiving ist eine Nonprofit-Organisation, die viele grosse und kleinere Hilfsorganisationen und Projekte zusammenbringt, vernetzt und unterstützt. 2021 hat GlobalGiving Kamboo Project dreifach anerkannt und ausgezeichnet: zum ersten als besonders engagierte Organisation innerhalb der GlobalGiving-Community, zum zweiten als besonders effektiv bei der Umsetzung der Ziele und zum dritten für die zweckgebundene Verwendung der Mittel, die GlobalGiving nach Standards überprüft hat. Mit anderen Worten: GlobalGiving stellt uns ein sehr gutes Zeugnis aus, was uns sehr freut.
Im Vorstand haben wir von einem Wechsel zu berichten. Joe Lang hat den Vorstand Ende März 2021 verlassen. Wir möchten ihm für seine Arbeit und sein Engagement herzlich danken! An seine Stelle ist Stefan Pfister getreten. Stefan ist Pfarrer der evangelisch-methodistischen Kirche in Davos in der Schweiz und kennt Kambodscha sehr gut. Im Auftrag seiner Kirche war er zwischen 2009 und 2019 mehrmals jährlich im Land, um dort die Weiterbildung von Pastoren zu unterstützen. Mit Kamboo Project ist er seit 2018 über eine Bekanntschaft mit unserem Präsidenten Thomas Gilbert locker verbunden, nachdem er über Kamboo Project und Thomas in der Davoser Zeitung gelesen hatte. Ende 2020 haben wir Stefan Pfister gefragt, ob er sich vorstellen könnte, sich im Vorstand des Kamboo Project zu engagieren. „Ich fühle mich nach wie vor sehr mit diesem Land und diesen Menschen verbunden. Darum habe ich gerne ja gesagt. Ich freue mich, Teil eines grossartigen Teams zu sein und praktische Hilfe zur Selbsthilfe in diesem immer noch sehr armen Land zu leisten“, sagt Stefan selbst. Herzlich willkommen im Vorstand!
Das Fazit für die ersten drei Viertel des Jahres 2021 lautet aus unserer Sicht: Alles ist ein wenig kleiner, alles ist ein bisschen dezentraler, aber wir sind auf dem eingeschlagenen Weg. Wir lassen unsere Projekte auch unter Pandemiebedingungen nicht abreissen, Kontinuität ist einfach ein viel zu wichtiger Faktor in unserer Arbeit mit und für die Menschen in Kambodscha, die wirklich Unterstützung verdienen. Unser Dank dafür geht an unserer Unterstützerinnen und Unterstützer, die unsere Arbeit erst ermöglichen!
Mit herzlichen Grüssen
Euer Kamboo Project Team